3.89 Schaub, Berlin und Pforzheim

schaub berlin pforzheim burosch radiotechnik

 

Georg von Schaub gründete 1921 in Berlin die „Schaub-Elektrizitätsgesellschaft". Die RTV- Zulassung erhielt Schaub im April 1924 und war im selben Jahr auf der Funkausstellung in Berlin vertreten. Über die Erzeugnisse dieses Fabrikats — es handelte sich um Detektorapparate und Reflex-Empfänger — findet man jedoch keine Berichte oder Fachveröffentlichungen.

 

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Inserat aus: „Der Deutsche Rundfunk", Dezember 1924. Bei dem Dreiröhren-Reflex-Empfänger scheint es sich um das erste Röhrenradio zu handeln, das Schaub mit RTV-Zulassung für den Rundfunkempfang gebaut hat

 

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Inserat aus: „Ullsteins Rundfunkführer" für das Jahr 1925

 

Die Erkenntnisse über das Schaub-Fertigungsprogramm von 1925 beruhen auf Inseraten. Aus ihnen geht hervor, dass Schaub neben mehreren Empfängertypen zahlreiche Einzelteile fertigte. Die kann man vereinzelt noch finden — zum Beispiel Schiebe-Heizregler — , während Schaub-Empfänger aus dieser Zeit vergeblich gesucht werden.

 

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Inserat aus: „Die Sendung", März 1926. Im Oktober 1925 war die Firma in: Schaub-Apparatebauges. mbH umbenannt worden.

 

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Rechts im Bild steht ein früher Schaub, sehr wahrscheinlich ein Exportmodell. Dieser Dreiröhrenempfänger (Typenbezeichnung unbekannt) ist mit Honigwaben- spulen der englischen Art ausgestattet. Die hatten Sockel mit einem Stift und einer Buchse im Abstand von 14 mm. Außer dem Gitterkreis war auch der Antennenkreis abstimmbar, letzterer in Serienresonanz. Die NF-Stufen sind mit zwei Trafos bestückt.

 

Sehr schlicht ausgestattet ist der kleine, im Bild oben stehende Dreiröhren-Einkreiser Triodyn von 1926. Innen steckt eine starre Wechselspule auf Europa- Sockel, zwei hartpapierisolierte Drehkondensatoren dienen der Abstimmung bzw. Rückkopplung und die NF-Verstärkung arbeitet mit R-C-Kopplung. Das Gerät war auch als Baukasten lieferbar.

 

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Aus dem Radiokatalog der Fa. Häring, München mit Aufkleber: „Neue Ausgabe 1928". Ein Vergleich mit den sonstigen, in diesem Katalog enthaltenen Geräten beweist: Es handelt sich um ein Gerät aus dem Modelljahr 1927/28. In der gleichen Aufmachung gab es auch den Achtröhren-Ultradyne-Empfänger.

 

1927 gab's noch keine überregionale Radiokataloge und in Händler-Broschüren sucht man Schaub zumeist vergebens. Nur in Katalogen des Münchener Radiohauses Josef flaring und bei Ernst Paltzer & Co., Frankfurt sind Geräte von Schaub zu finden. Der Radiohistoriker muss sich (vorläufig) damit abfinden, dass die Dokumentation zwischen 1924 und 28 sehr lückenhaft ist. Erst 1928 kamen Schaub-Radios in den Illustrierten Radiokatalog, aber nur die Typen U 4 und U 5. Den neuen, mit beleuchteten Trommelskalen versehenen 8-Röhren-Überlagerer samt Aufsteckrahmen konnten wir nur im Häring- Katalog von 1928 entdecken.

 

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Das Schaub-Vierröhren-Zweikreisgerät U 4, Baujahr 1928 hat einen bemerkenswerten Zwillings- Drehkondensator: er ist aus dem Vollen gefräst. Interessant sind auch die beiden umschaltbaren — mit Europa-Sockeln versehenen Schwenkspulen. Einer dieser „Varioformer" steht neben dem Gerät.

 

Die Illustrierten Radiokataloge der folgenden Jahre enthielten dann stets die Radios aus dem Hause Schaub: 1929 das erste Netzgerät UN 4 und schon ein Modell mit eingebautem Lautsprecher (UN 2).

 

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Der erste Schaub-Vierröhren-Zweikreis-Netzanschlussempfänger — der UN 4 — erschien 1929.
Dass er ein gefälliges Gehäuse hat, kann man wirklich nicht behaupten. Die lackierten Blechteile und die Pertinax-Front sind beiderseits auf furnierte Holz-Seitenteile geschraubt.

 

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Die Schaub-Gehäuse von 1930 waren zwar auch nichts Beson- deres, aber doch schon ansprechender als die des Vorjahres. Schaub lieferte diesen Zweikreiser 1930 in mehreren Ausführungen. Das Standardgerät Alpha war im Blech-, das Beta im Holzgehäuse. Beide Modelle gab es auch in der „Kraft"-Version mit Ausgangsleistungen bis zu 4 Watt.

Das Gerät im Bild: Beta-Kraft, Gleichstrom, mit den Röhren RES 094 S, RE 084 S, RE 074 S und 2 x RES 164 S (das „S" kennzeichnet die für Serienheizung geeigneten Röhren). Oben drauf steht ein magnetischer Grassmann-Lautsprecher.

 

1931 standen noch die bewährten Alpha- und Beta-Geräte im Katalog — die Consolette (mit dem Alpha-Chassis) wurde durch einen Lautsprecher vervollständigt. Im neuen Yorck steckte dasselbe Chassis, aber sein Gehäuse mit eingebautem Lautsprecher war sehr ansprechend. Grundsätzlich Neues gab's im 1931er Schaub-Programm nicht, aber 1932 konnte die Firma mit einem großartigen Superhet auftrumpfen. Der schon mit einem Kurzwellenbereich ausgestattete Super-Brabant zählte zu den Spitzengeräten — 250 Stück liefen täglich vom Band.

 

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In drei verschiedenen Ausführungen brachte Georg von Schaub 1932 seinen ersten Superhet auf den Markt. Der Super A steckte im schlichten Metall-, der Super B im Holzgehäuse — beide ohne Lautsprecher. Brabant nannte Schaub die hier abgebildete Ausführung in Edelholz mit eingebautem dynamischem Lautsprecher.
Er zählt nicht nur zu den schönsten Exemplaren aus der zweiten Superhet-Generation, auch seine Technik überzeugt. Die Überlagerungsstufe ist nicht (wie z.B. beim Telefunken 650 WL) mit der REN 704 d bestückt, sondern mit der REN 904 als Oszillator-Triode und der RENS 1204 als Eingangs- bzw. Mischröhre. Eine RENS 1214 (ZF), eine RENS 1204 (Demodulation und NF), die Endröhre RES 374 und die Gleichrichterröhre RGN 1054 vervollständigen den Röhrensatz dieses Siebenkreisers.
Unter den zwölf Überlagerungsempfängern von 1932 hatten nur die Loewe- und Schaub-Superhets einen Kurzwellenbereich.

1933 wurden neue Modelle vorgestellt, aber ein so erfolgreiches Gerät wie der Brabant war nicht darunter. Bali hieß der Dreiröhren-Einkreiser, dann gab es noch einen (wenig verkauften) Vierröhren-Dreikreisempfänger (S 4) und schließlich den Weltsuper 34, welcher mit seinen drei Röhren und einem schlichten Gehäuse auch nicht zu den Favoriten zählte. Das allein erklärt aber noch nicht, warum die Firma 1933, wo es allerorts aufwärts ging, liquidiert werden sollte.

Um diese Zeit interessierte sich die „Goldstadt" Pforzheim am Rande des Schwarzwaldes für zukunftsträchtige Industriebetriebe — ihre Wirtschaft war zu einseitig „Schmuck"-orientiert. Sie winkte mit einer Betriebsstätte, auch mit finanzieller Unterstützung, und konnte 1934 die Berliner Schaub- Apparatebaugesellschaft nach Pforzheim holen. Die Betriebsleitung verblieb anfangs in den Händen von Direktor Friedhelm, der jedoch wegen drohender Judenverfolgung noch im selben Jahr das Land verließ. 1936 erwarb die Stadt das Unternehmen und setzte den talentierten Dipl.-Ing. Kurt Hertenstein als Geschäftsführer ein.

 

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1936 bis 38 baute Schaub Empfänger mit der „Uhrenskala". Die Modellreihe begann 1936 mit dem oben im Bild stehenden Schaub Junior, einem Einkreiser mit AF 7, AL 4 und AZ 1.
Darunter der Zweikreiser 297 von 1937. Mehr Verstärkerröhren hatte er auch nicht, die AF 7 arbeitete in Verbindung mit einer AB 2 in Reflexschaltung.

Die Gehäuse der 1937er Ein- und Zweikreisgeräte sind gleich, samt den vor dem Lautsprecher angebrachten U-förmig ausgebildeten Alu-Zierleisten. Nur den kleinen Alu- Kreis haben die Einkreiser 591 nicht, der blieb dem größeren 297 vorbehalten.

 

Nun ist es nichts ungewöhnliches, wenn sich in städtischem Besitz auch Industrie-Unternehmen befinden — man denke nur an Elektrizitätswerke u. dgl. Aber eine Radiofabrik? — nur die Stadt Pforzheim kann sich rühmen, Besitzerin einer solchen gewesen zu sein. Die Schaub Gesellschaft bescherte der Stadt nicht nur Arbeitsplätze, nach und nach sprudelten auch die Gewinne. Dem Weltsuper 35 (eigentlich keine Neukonstruktion, nur Oktode statt Hexode) fehlte noch die Würze, und die Idee, Radios mit einer vorgesetzten „Senderkompaß"-Skala und Leselampe auszustatten, fiel auch nicht auf fruchtbaren Boden. Die nachfolgenden Geräte jedoch, mit ihren teils ausgefallenen Gehäuse-Entwürfen machten Schaub zu einem rentabel arbeitenden Unternehmen.

 

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1936 hatte die „Goldstadt an der Enz" das seit 1934 dort produzierende Radiowerk gekauft und so wurden kurioserweise die 1937er Schaub-Modelle „von städtischen Angestellten" konstruiert.
Extravagant ist nicht nur das Äußere des Schaub- Super 229/II von 1937, auch die Schaltungstechnik dieses „Spitzkühler" genannten Fünfkreis-Einbereich- Reflexsuperhets fällt aus dem Rahmen.
Abgestimmt wird — bei dem durchgehendem Wellenbereich von 200 bis 2000 m — nur der Oszillatorkreis (die hohe ZF, 1600 kHz, macht's möglich).
Beim Blick ins Gerät staunt der Fachkundige: ein „Super mit Einkreiser-Drehkol! Der Eingangskreis begnügt sich mit einer breitbandigen Dreistufenschaltung. (Ausführliche Betrachtungen über den Einbereichsuper enthält „Der Rundfunk-Händler" vom November 1943)
In der zweiten Version 229/11 WKW (hier abgebildet) stattete man das Gerät mit einem Kurzwellenbereich aus. Auf der Skala sind — well der selektierende Eingangskreis fehlt — die zu empfangenden „Grund- und Spiegelwellen" aufgezeichnet.

 

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1938 gab es mit der Uhrenskala noch den Einkreiser Bali 39, auch den Zweikreiser Baden 39 und schließlich den hier abgebildeten Kongress-Super. Nur dieser Super hatte die Skala links, bei den andern saß sie wie üblich rechts. Technisch bietet das Gerät nichts besonderes: sechs Kreise, vier Röhren, nur Mittel- und Langwellenemp- fang. Die Kurzwelle empfing der Schaub-Super KW 39, welcher mit einer oben angeordneten Langfeldskala ausgestattet wurde. (Sammlung DRM 38 SC 01 H)

 

1938 hatte Schaub letztmals „Uhrenskalen" in ihren Geräten — bei anderen Rundfunkfirmen war die Zeit individueller Skalenausführungen schon abgelaufen. Radios aller Fabrikate wurden in der Saison 1938/39 mit Linearskalen ausgestattet — auch Schaub schloss sich diesem Trend an. Die Aufteilung: „links der Lautsprecher, rechts die Skala" — kam aus der Mode (1939 wurde bei Schaub nur noch das Modell Baden 40 W so gestaltet), bevorzugt wurde nun die Platzierung der Langfeld-Skala unterhalb des Lautsprecherfeldes. In der Nachkriegszeit wurde diese Anordnung zur Standard-Gestaltung.

 

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Aus dem Schaub-Radiogeräteprogramm von 1937 interessiert den Sammler neben dem allseits geschätzten Einbereichsuper 229/II auch dessen großer Bruder, der hier gezeigte Schaub Super 629 mit seinem auffällig angeordneten magischen Auge.

Der Vierröhren-Siebenkreiser — aus dieser Serie der einzige mit oben eingefügter Linearskala — empfängt Kurz-, Mittel- und Langwellen.

 

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Schaub Weltsuper 40 Luxus Wnannten die Pforzheimer 1939 ihren Stahlröhrensuper. Der „Luxus" beschränkt sich auf das magische Auge EM 11, ansonsten ist es, wie der gleich gestaltete Weltsuper 40 W, ein Standardempfänger mit vier (einschl. Gleichrichter fünf) Röhren und sechs Kreisen.

 

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1940 meinten übergeordnete Behörden, ein Gesetz schaffen zu müssen, das es Gemein- den und Städten verbietet, sich durch Firmenbesitz oder Beteiligung an solchen industriell zu engagieren. Pforzheim musste Schaub verkaufen.

 

Lorenz (ITT) nahm das nicht ungern zur Kenntnis und griff zu. Geld war genug vorhanden — man verdiente schließlich am ständig steigenden Bedarf von Rüstungsgütern. Schaub fertigte in der Kriegszeit noch zahlreiche Exportgeräte, u. a. auch den berühmten Groß-Super 7 K 7 mit Wellenbereichstasten — das beste, was Schaub je gebaut hatte. 1945, kurz vor Kriegsende, wurde das Pforzheimer Werk durch einen Luftangriff fast völlig zerstört.

 

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Aus einem Schaub-Prospektblatt für die Schweizer Generalvertretung in Luzern

 

Die Geschichte des Unternehmens ab 1945 wird im Kapitel 9 — Chroniken westdeutscher Nachkriegs-Radiofirmen — unter „Schaub" fortgesetzt.

 

 

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