10. Kapitel – Die Radioindustrie in Ostdeutschland

1945, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, wurde Deutschland in vier Zonen aufgeteilt. Jede der vier Besatzungsmächte traf nach Gutdünken Verfügungen, welche sich auch auf die Rundfunkgerätefertigung bezogen. Zwar durften Empfänger hergestellt werden, doch auf den freien Markt kamen sie nicht. Und so war’s natürlich auch im Ostsektor Berlins und in der sowjetisch besetzten Zone.

 

10.1 In der „SBZ“ gab’s besondere Probleme

In allen vier Zonen konnten bevorzugte Kreise Radios aus der spärlichen Nachkriegsproduktion auf „Bezugschein“ erwerben, auch Behörden und Militärs zählten dazu. Während jedoch die Siegermächte des Westens auf solche Erzeugnisse aus der „Notzeit“ keinen besonderen Wert legten, zeigten die Sowjets dafür größeres Interesse. In einzelnen Werken (z.B. in Lunzenau/Rochlitz) förderten sie die Herstellung brauchbarer Empfänger, um sie auch – als „Reparationsleistungen“ deklariert – in die Sowjetunion zu transferieren.
Andererseits wurden zahlreiche Fabrikeinrichtungen demontiert – mehr als im Westen – welche dann zum Teil infolge mangelhafter Organisation und Fachkräftemangel gar nicht wieder aufgebaut werden konnten und zumeist verrotteten. In Deutschland aber fehlten sie, mit der Folge, dass dem Anlauf neuer Produktionen fast unüberwindbare Hemmnisse entgegenstanden – selbst kleinere Serienfertigungen waren nur mit äußerstem Organisationstalent zu bewerkstelligen.
Auch neues Rohmaterial – angefangen bei den Blechen für die Chassis – war so gut wie gar nicht zu bekommen; oft musste auf Altmaterial zurückgegriffen werden. Und wenn dann mit Hilfe ausgeschlachteter Militärgeräte einige Radios gefertigt werden konnten, brauchte man sie dringend als „Kompensationsware“ – ohne Gegenleistung gab es (im Osten wie im Westen) nur weniges Halbzeug. Etwa zwei Jahre lang dauerte dieser Zustand.

Ganz so schlimm wie im Westen schien es jedoch in Mitteldeutschland nicht gewesen zu sein – von den „Verlagerungen“ gab‘s auch noch Material-Restbestände. Die „Funk-Technik“ berichtete in ihrer Kolumne vom April 1947: „Unsere Reise durch die Ostzone zeigte, wie sehr viel mehr Einzelteile dort zum Verkauf stehen, teilweise Neuheiten, die recht ansprechend sind. Spulensätze, Hartpapierdrehkos, keramische Kleinkondensatoren usw. stachen ins warenhungrige Auge, man erkannte einmal mehr, wo schließlich der Sitz der elektrotechnischen Kleinindustrie ist“.

So gesehen hatte der Osten – zumindest verschiedene Radio-Einzelteile betreffend – 1947 noch die besseren Karten. Wo also lagen die Probleme? Die großen Betriebe wurden enteignet und teils in „Sowjetische Aktien Gesellschaften“ umgewandelt – unter sowjetischer Leitung. Diese sozialistisch orientierten Herren agierten nicht eben nach marktwirtschaftlichen Gesetzen – sie hielten sich an administrative Vorgaben. Und auf diese Weise ist noch nie ein prosperierender Industriezweig entstanden. Darüber hinaus kühlten sich die Beziehungen zu den Westzonen zunehmend ab. Diese Entwicklung erreichte ihren Höhepunkt, als 1948 mit der Währungsreform bzw. der Einführung der D-Mark eine wirtschaftliche Abtrennung erfolgte, weil die sowjetische Besatzungsmacht sich quer stellte und für die „SBZ“ (die Sowjetische Besatzungszone) etwas später eigenes Geld drucken ließ.

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